Meerzwiebel – Mee(h)r Kraft fürs Herz

Die weiße Meerzwiebel „Urginea maritima (syn.)“ wurde einst auch als Scilla bezeichnet. In der Homöopathie ist sie nach wie vor unter diesem Namen zu finden. Das kann zunächst zur Verwirrung führen, denn auch der in Deutschland wachsende Zweiblättrige Blaustern heißt „Scilla bifolia“ (Abb. 1). Beide gehören zu den Hyazinthengewächsen, einer Unterfamilie der Spargelgewächse und weisen eine Ähnlichkeit der Blüte auf. Beim Blick auf die Gattung finden wir jedoch den Unterschied: der Blaustern (Scilla) und die Meerzwiebel (Drimia, weshalb die Meerzwiebel auch unter Drimia maritima zu finden ist).

BlausternIhre Geschichte als Heilpflanze begann im 3. Jh. v. Chr. als Diuretikum. Dioskurides, der bekannteste Arzt in der Antike, verwendete sie bei Wassersucht. Auf Grund ihrer Giftigkeit aller Pflanzenteile wurde die Meerzwiebel im Mittelalter auch als Rodentizid verwendet. In der medizinischen Anwendung ist daher eine exakte Verdünnung oder Potenzierung essenziell. Noch im 20. Jh. waren bei leichter bis mittelschwerer Herzinsuffizienz Extrakte und Tinkturen aus der Meerzwiebel häufig verwendete Arzneimittel. In geringer Dosierung erweitert die Meerzwiebel die Gefäße, was zur Blutdrucksenkung führt. In höherer Dosierung verengt die Meerzwiebel die Gefäße und der Blutdruck steigt. Die Meerzwiebel weist sowohl positiv inotrope als auch negativ chronotrope Wirkungen auf, was die Herzkraft und -effizienz steigert. Extrakte aus der Meerzwiebel enthalten sehr potente Herzglykoside (1).

Scilla als Herz-/Kreislaufmittel

Heute ist die Meerzwiebel in der Homöopathie ebenso ein wichtiges Herzmittel, das vor allem in Kombination mit Weißdorn (Crataegus), Maiglöckchen (Convallaria majalis), Adonisröschen (Adonis vernalis) und Kombésamen-Pflanze (Strophantus kombe Oliv.) eingesetzt wird. Scilla comp. PlantaVet enthält folglich die Meerzwiebel sowie in gleichen Anteilen Adonisröschen, Weißdorn und Maiglöckchen. Diese Kombination ausgewählter Heilpflanzen für die Herzgesundheit ist auch Bestandteil des Arzneimittels Crataegus oraplex® PlantaVet. Weitere Inhaltsstoffe dieses Komplexmittels sind zudem die Königin der Nacht (Selenicereus grandiflorus) und der Weiße Germer (Veratrum album).

Wie der Name MEERzwiebel vermuten lässt, ist sie im gesamten Mittelmeerraum mit roten oder weißen Blüten an sandigen Küstenregionen zuZwiebel finden. Im Vergleich zu den uns bekannten Küchenzwiebeln kann die Zwiebel der Meerzwiebel bei einem Durchmesser von bis zu 20 cm bis zu 2,5 kg schwer werden (Abb. 2). Arzneilich werden die getrockneten, mittleren, fleischigen Zwiebelschuppen der nach der Blüte geenteten Zwiebel verwendet. Ihre herzwirksamen Glykoside, wie Glucoscillaren A, Proscillaridin A und Scillaren A, sowie Flavonoide und Schleime zeichnen die Meerzwiebel aus. Die Kommission E schreibt zur Verwendung der Meerzwiebel: leichte Formen der Herzinsuffizienz – auch bei verminderter Nierenleistung. Zubereitet als Komposition kann sie zur Besserung des Befindens bei Herz-Kreislaufstörungen, Herzbeschwerden und -schwäche eingesetzt werden. Bei höhergradigen Insuffizienzen wird sie unterstützend eingesetzt, zumal sie geschwächte Nieren nicht zusätzlich schadet.

Scilla als Schleimlöser

Als Einzelmittel regt die Meerzwiebel die Produktion von dünnflüssigem Schleim an, sodass dieser bei Erkrankungen der Atemwegsorgane wie chronischem, sehr trockenem Husten, heftigem Schnupfen oder chronischer Bronchitis besser abgehustet werden kann. Bei Asthmapatienten führte eine zusätzliche Einnahme von Meerzwiebel-Oxymel zu positiven Effekten, wie signifikant bessere Lungenfunktionswerte, Milderung von Symptomen, höhere Aktivität etc. (2). Die diuretischen Eigenschaften können den Einsatz von Scilla auch bei Ödemen, Pleuraergüssen und Nierenentzündungen begründen. Wie viele andere Heilpflanzen auch, zeigt die Meerzwiebel antibakterielle, antimykotische, antiviral, antioxidative, antiinflammatorische und insektizide Eigenschaften (3).

 


 

Literaturhinweise

1. El-Seedi HR, Burman R, Mansour A, Turki Z, Boulos L, Gullbo J et al. The traditional medical uses and cytotoxic activities of sixty-one Egyptian plants: discovery of an active cardiac glycoside from Urginea maritima. J Ethnopharmacol 2013; 145(3):746–57.

2. Nejatbakhsh F, Karegar-Borzi H, Amin G, Eslaminejad A, Hosseini M, Bozorgi M et al. Squill Oxymel, a traditional formulation from Drimia Maritima (L.) Stearn, as an add-on treatment in patients with moderate to severe persistent asthma: A pilot, triple-blind, randomized clinical trial. J Ethnopharmacol 2017; 196:186–92.

3. Bozorgi M, Amin G, Shekarchi M, Rahimi R. Traditional medical uses of Drimia species in terms of phytochemistry, pharmacology and toxicology. J Tradit Chin Med 2017; 37(1):124–39.

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