In knapp einer Stunde kommen die Gäste. Der Weißwein ist gekühlt, der Rotwein entkorkt, damit er schon mal atmen kann. Das Tischarrangement ist perfekt und ein wenig Fingerfood vorbereitet. Avocadocreme mit Knoblauch. Mousse au chocolat steht zum Kühlen auf dem Balkon, die Käseplatte ist mit Weintrauben verziert, der Teig für die Partybrötchen vorbereitet und liegt portioniert auf dem Backblech. Jetzt noch schnell ins Bad, ein frisches Hemd, eine Bluse, ein Kleid angezogen, dann kommt das Blech in den Ofen.
Klingt doch nach einem gemütlichen Abend, oder?
Möglicherweise nicht für die diensthabende Tierklinik, die in Panik kontaktiert wird, weil der Rhodesian Ridgeback in der kurzen Zeit des Badaufenthaltes sich schon mal durch die Snacks probiert und diese für schmackhaft befunden hat - und sich jetzt so komisch verhält…
Viele vermeintlich gesunde, vor allem leckere Lebensmittel sind für unsere Haustiere bedenklich, um nicht zu sagen giftig. Der Wirkmechanismus bzw. die Wirksubstanz ist für einige der für Tiere problematischen Lebens- oder Genussmittel bekannt, so zum Beispiel für Vergiftungen mit Theobromin aus der Schokolade oder dem Koffein. Hier gibt es klare Dosis-Wirkungsbeziehungen, die Paracelsus mit seiner Aussage „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“ bestätigen. Handelt es sich um das Stückchen Schokoladenkuchen oder die eine kleine Nachtischschüssel Mousse au chocolat, dann kann man bei einem großen Hund schnell Entwarnung geben. Selbst die halbe Tafel Bitterschokolade ist bei großen Hunden unbedenklich. Beim 2 kg Yorki sähe das schon anders aus. Wurde die Süßspeise allerdings mit Xylitol, einem Zuckeraustauschstoff, verfeinert, dann sollten schon eher die Alarmglocken schrillen. Für Hunde wirken 0,1 g pro kg Körpergewicht toxisch. Die Tiere entwickeln Leberschädigungen bis hin zum Leberversagen sowie Gerinnungsstörung. 3-4 g pro kg Körpergewicht gelten für Hunde als letale Dosis. In Fertiggerichten oder Süßwaren (Bonbons, Kaugummi) versteckt sich Xylitol unter der Bezeichnung E967. Bei einigen Tierarten hat Xylitol einen insulinausschüttenden Effekt, ohne als Zucker verstoffwechselt zu werden, was zu lebensbedrohlichem Abfall des Blutzuckerspiegels führt.
Anders verhält es sich mit Weintrauben bzw. Rosinen. Hier besteht keine Korrelation zwischen aufgenommener Menge und möglichem Outcome. Der eine Hund verträgt einen ganzen Rosinenkuchen ohne jegliche Probleme, dem anderen reichen wenige Weintrauben, die als Dekoration auf der Käseplatte angerichtet sind, um schwerste Vergiftungssymptome und Nierenschäden zu entwickeln. Von daher wäre abwarten, ob nach der Aufnahme etwas passiert oder nicht, sicher der falsche Weg. Sofortiges und konsequentes Handeln ist gefragt!
Das Fruchtfleisch der Avocado enthält nur geringe Mengen an Persin, dem Stoff, der für die Toxizität der Avocado verantwortlich gemacht wird. Persin wird als möglicher Wirkstoff zur Behandlung von Brustkrebs erforscht, da er zytotoxisch wirkt und bei Versuchstieren v.a. zu Degenerationen und Nekrosen des Milchdrüsenepithels führt. Hohe Konzentrationen finden sich in den Blättern, den Samen und im Stamm des Avocadobaums. Das Fruchtfleisch enthält wenig Persin und ist für den Menschen unbedenklich. Es gibt aber sehr große tierartliche Unterschiede hinsichtlich der Toxizität der Avocado, weshalb man vom Verfüttern von Avocado in allen Variationen lieber absehen sollte. Egal ob Maus, Kaninchen, Meerschweinchen, Hasen, Hund, Katze oder Wellensittich.
Auch bei den Zwiebel- und Lauchgewächsen scheint es große individuelle Unverträglichkeiten zu geben. Katzen und bestimmte Hunderassen sind empfindlich gegenüber Intoxikationen und können hämatologische Veränderungen mit Schädigung der Erythrozyten entwickeln. Verantwortlich dafür sind die Organosulfoxide, die zur Oxidation der Erythrozytenmembran führen.
Die Ingredienzien des rohen Brotteiges sind nicht per se toxisch. Nach Aufnahme rohen Hefeteigs dient das feuchtwarme Magenmilieu als Wachstumsbeschleuniger für die Hefen. Die Volumenexpansion kann zur Magenüberladung und sogar zur Magendrehung führen. Hinzu kommt die Gefahr der Ethanolvergiftung, denn das von den überaktiven Hefen produzierte Ethanol wird sehr schnell aus dem Magen-Darmtrakt resorbiert und belastet den Stoffwechsel erheblich.
Die spezifische Behandlung von Vergiftungen richtet sich – wenn möglich – natürlich nach dem aufgenommenem Gift. Wenn möglich, bekannt und verfügbar sollten Antidote eingesetzt werden. In vielen o.g. Fällen gibt es diese aber leider nicht.
Um die Aufnahme aus dem Verdauungstrakt möglichst zu verhindern oder zu reduzieren sollten wir die Tiere dazu überreden, sich die Sache nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Das geht recht gut mit Xylazin bei der Katze und hervorragend mit Apomorphin beim Hund. Der Einsatz von Toxinbindern wie Aktivkohle, Heilerde, Süßwasseralgen oder Klinoptilolith verfolgt das gleiche Ziel: Reduktion der Resorption. Um toxische Konzentrationen vor allem im Bereich der großen Stoffwechsel- und Entgiftungsorgane zu reduzieren werden Infusionen empfohlen, die gleichzeitig auch herz-kreislaufstabilisierend wirken und die Ausscheidungen fördern.
Begleitend zur intensivmedizinischen Therapie und im Anschluss an die Akutversorgung ist bei allen Vergiftungen - oder auch nur bei Verdacht auf Intoxikationen - der Einsatz von Regulationstherapeutika zu empfehlen. Mit ihrer Hilfe kann ich die Giftausscheidung über die Nieren forcieren, die Lebertätigkeit anregen, die Zellen vor schädlichen Einflüssen zu schützen versuchen und möglichen Vergiftungssymptomen wirksam begegnen, ohne dem Patienten zusätzliche Belastungen aufzubürden. Die Palette möglicher Präparate ist groß. Die Lebertherapeutika (PlantaHepar®, Hepar comp. PlantaVet) dürfen auf keinen Fall fehlen, ebenso die Nierentherapeutika (Mesenchym comp. PlantaVet, Renes/Viscum comp. PlantaVet, Renes/Calcium comp. PlantaVet). Hilfreich sind antientzündliche, antioxidative und aquaretische Wirkungen, wie ich sie z.B. mit PetDolor® erreichen kann. Adaptogene wie z.B. Quadruplex PlantaVet machen den Organismus resistenter gegen (nichtinfektiöse) Belastungen. Die Vergiftungssymptome Übelkeit, Koliken, Durchfall und Erbrechen können mit Nux vomica comp. PlantaVet und Nicotiana comp. canis PlantaVet (respektive Nicotiana comp. felis PlantaVet, Nicotiana comp. cuniculus PlantaVet) therapiert werden, ohne damit den Magen-Darm-Trakt zu paralysieren, was definitiv kontraproduktiv wäre.
Insbesondere in der Leberschutztherapie werden Silymarin-Präparate empfohlen. In der Notfallmedizin wird hochkonzentriertes, schnellverfügbares, aus der Mariendistel gewonnenes Silibinin per i.v. Gabe verabreicht. Weniger dramatische Fälle können erfolgreich mit oralen Mariendistelpräparaten bzw. Silymarin unterstützt werden. In den PlantaHepar® Tabletten sind neben einem Auszug aus den Mariendistelsamen weitere Heilpflanzen enthalten, die synergistisch die Wirkungen der Mariendistel verstärken und mit ihrem eigenen Wirkprofil hilfreiche Effekte beisteuern. Auch als Homöopathikum wird die Mariendistel bei Leberfunktionsstörungen empfohlen. Silybum marianum D4 ist Bestandteil von Hepar comp. PlantaVet, in dem als Organlysate die Leber (Hepar bovis Gl D5) und das Mesenchym (Mesenchym bovis Gl D5) enthalten sind. Regenerative Prozesse der Leber gehen vielfach von mesenchymalen Zellen aus.
Ja, - was ein gemütlicher Abend zu werden versprach, endet möglicherweise hochdramatisch. Zum Ärger über die Vernichtung jeglicher Partyvorbereitungen gesellt sich schnell die absolut berechtigte Sorge um den Vierbeiner. Vergiftungen erfordern den unverzüglichen Einsatz und das geballte Können der Veterinäre und mitunter detektivisches Aufspüren der Ursachen. Nicht immer liegen die Fakten so klar auf dem Tisch wie im beschriebenen Beispiel. Zu meiner Zeit in Hamburg musste ich immer auch an den weggeworfenen Joint und ähnliche „Genussmittel“ denken, wenn der gefräßige Labrador mit unklarer Symptomatik vorstellig wurde. Wie sagt schon mein Praktikumschef lapidar: „Wer den Kaviar nicht verträgt, der soll ihn nicht essen.“
Nun - erklären Sie das einmal Rex, Mauzi, Hasi, Mäuschen oder Moppelchen.